Geestland erhält Label „StadtGrün naturnah“
Blühwiesen für Wildbienen statt geschorener Vielschnittrasen. Bushaltestellen, deren Dächer begrünt werden. Heimische und klimataugliche Baumarten, die am besten noch insektenfreundlich sind. Wenn es um die Förderung der biologischen Vielfalt geht, ist Geestland ganz vorne mit dabei. Und das hat die Verwaltung jetzt schwarz auf weiß. Oder besser gesagt: grün auf silber. Die Stadt hat jetzt die begehrte Auszeichnung "StadtGrün naturnah" in der Kategorie silber bekommen. Mit dem Label zeichnet das Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ bereits seit mehreren Jahren Städte und Gemeinden für ein ökologisches Grünflächenmanagement aus.
Bad Säckingen, Emden, Haldensleben, Laupheim, Pforzheim, Plön – und Geestland: Diese Städte und Gemeinden wurden im Rahmen einer Feierstunde in Frankfurt am Main ausgezeichnet. Bundesweit haben bisher 56 Kommunen das Label erhalten.
„Pflegen Kommunen ihre Grünflächen naturnah, indem sie etwa Rasenflächen deutlich seltener mähen und damit schnittempfindliche Wiesenkräuter fördern, profitieren Tiere und Pflanzen gleichermaßen“, erklärt Dr. Uwe Messer vom Projekt „StadtGrün“. Der Experte weiß: „Wo Flockenblumen, Margeriten und Malven gedeihen, sind Wildbienen und Schmetterlinge nicht weit. Außerdem sind vielfältige Naturräume wesentlich widerstandsfähiger gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels.“ Erfahrungen in der Natur seien wichtig für Kinder, um gesund aufzuwachsen, und auch Erwachsene bräuchten ansprechende Naturräume für Bewegung und Erholung, am besten direkt vor der Haustür. „Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Gesundheit und Zufriedenheit von Menschen höher sind, je näher sie an Grünflächen leben.“
In den vergangenen Monaten haben Messer und sein Team Geestlands Aktivitäten im Bereich der Biodiversität unter die Lupe genommen – und waren beeindruckt von den zahlreichen Projekten, die die Stadt gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern vorantreibt. Zum Beispiel legt Geestland großen Wert darauf, Straßenbegleitgrün und Verkehrsinseln naturnah zu gestalten und mit regionalem Saatgut aufzuwerten. Auch bei der Pflege der Grünflächen geht die Stadt nachhaltig vor: „Wir mähen, wenn möglich, zeitversetzt und lassen Flächen länger stehen“, erklärt Sonja Thomas, die bei der Stadtverwaltung für Nachhaltigkeit und Bürgerbeteiligung zuständig ist.
Derzeit gibt es im Stadtgebiet, innerorts und außerorts, etwa 120.000 Quadratmeter Blühflächen. Bei Sträuchern setzt Geestland zu einem großen Teil auf heimische Arten. Alleine am Langen Berg hat die Verwaltung rund 35.000 Bäume gepflanzt, einen für jeden Einwohner und noch ein paar mehr. Darüber hinaus setzt sich die Stadt für den Erhalt der Heckenwege in Bad Bederkesa und der Benjeshecken in Köhlen ein und erfasst ihren Baumbestand seit neuestem in einem digitalen Baumkataster. Eine Datenbank, die schnell und unkompliziert anzeigt, welche und wie viele Bäume nicht mehr verkehrssicher sind, wie verbreitet die jeweilige Baumart ist und in welchem Zustand sich die Bäume befinden. So können auch neue Baumstandorte besser geplant werden.
Aber auch die intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger war ein Punkt, den die Label-Jury beeindruckt hat. Beispielsweise gibt die Stadtverwaltung kostenlose Blühmischungen aus, stellt Wettbewerbe auf die Beine und schafft so Anreize, selbst aktiv zu werden. Sogar die Kleinsten beschäftigen sich mit dem Erhalt der Umwelt – bei regelmäßigen Müllsammelaktionen oder auch auf dem schul- und kitaeigenen Gemüseacker. „Keine Einzelmaßnahmen, sondern ein Grünflächenmanagement mit System: Das hat uns überzeugt“, sagt Dr. Uwe Messer.
„Die Förderung der biologischen Vielfalt ist kein Selbstzweck – das haben wir gerade auch in Corona-Zeiten erlebt: In der Pandemie waren unsere Grünflächen für viele Menschen die einzige Möglichkeit, um sich draußen in der Natur aufzuhalten“, betont Geestlands Bürgermeister Thorsten Krüger. CDU-Fraktionsvorsitzender Claus Seebeck ergänzt: „Wir brauchen naturnahes Stadtgrün, um zukunftsfähig zu werden. Deshalb sehen wir das Label als Motivation, weiterzumachen und für den Erhalt der Artenvielfalt zu kämpfen.“ Jetzt gehe es darum, Geestland noch grüner und nachhaltiger zu machen – „für die Menschen, die hier leben“, unterstreicht SPD-Ratsmitglied Julian Wesch.
Doch wie geht es jetzt weiter? Die Stadt Geestland hat eine Arbeitsgruppe gebildet, die in den nächsten Monaten weitere Maßnahmen auf den Weg bringen wird. Unter anderem sollen Pflanzlisten für Bäume, Sträucher und Blühwiesen erstellt werden, die dann auch für Bürgerinnen und Bürger zugänglich sind, sozusagen als Leitfaden für mehr Grün. Passend dazu wird es einen Flyer geben, der Tipps zur Förderung der biologischen Vielfalt enthält. „Diesen Flyer wollen wir zum Beispiel an die Bauherren in Geestland verteilen, um auch der Problematik von Schotter- und Steingärten entgegenzuwirken“, sagt Sonja Thomas. Langfristig möchte die Stadt Geestland eine Biodiversitätsstrategie erarbeiten und auch die kommunalen Friedhöfe als artenreiche Lebensräume entwickeln.