Autonomer Bus nimmt Fahrt auf: Verkehrsunternehmen signalisieren Unterstützung

Veröffentlicht am: 28.02.2023

Vertreter der Stadt Geestland mit Verkehrsunternehmen an einem Tisch Was noch vor einigen Jahren wie Zukunftsmusik klang, rückt nun in greifbare Nähe: Ab Ende 2024 soll in Bad Bederkesa ein autonomer Bus fahren, der zwischen der Ortsmitte und dem Handels- und Gewerbepark pendelt. 2,5 Kilometer hin und 2,5 Kilometer zurück – völlig eigenständig, also ohne Fahrer. Jetzt hat die Stadt Geestland eine weitere Hürde genommen, um das Smart-City-Projekt, das bislang nur auf dem Papier existiert, in die Tat umzusetzen.

Die Verwaltung hat sich mit mehreren Verkehrsunternehmen an einen Tisch gesetzt, um das Projekt vorzustellen – und um Unterstützung zu werben. Unter den Teilnehmern waren unter anderem Vertreter von BUSPUNKT, der KVG Cuxhaven, Giese Bus und Bremerhaven Bus. Auch Jasmin Weißbrodt, Fachgebietsleiterin für den ÖPNV beim Landkreis Cuxhaven, nahm an dem Treffen teil. Alle zeigten sich angetan von der Idee, einen autonomen Bus auf die Straße zu bringen, der das Beerster Gewerbegebiet an den Ortskern anbindet.

Für den Streckenverlauf gibt es bereits erste Überlegungen: Start- und Endpunkt soll die rad+bus.STATION an der Moor-Therme sein. Von dort führt die Fahrtstrecke an der Burg entlang, über den Kreisel am Rathaus, durch die Mattenburger Straße, dann rechts auf die Bahnhofstraße, durch die Raiffeisenstraße bis zum Wendeplatz bei den Discountern. Zurück geht es durch den Handelspark, über den Fehrenkamp, die Feldstraße, die Drangstedter Straße, die Mattenburger Straße und über den Berghorn wieder zur rad+bus.STATION.

„So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Britta Murawski, die das Modellprojekt Smart City bei der Stadt Geestland betreut. „Zum einen erproben wir mit dem autonomen Bus eine neue Technik und schauen, wie und ob diese Form der Mobilität im Alltag funktioniert. Zum anderen erschließen wir eine neue Verbindung im öffentlichen Nahverkehr, die es so noch gar nicht gibt.“ Diese soll auch nach dem Auslaufen des Modellprogramms im Jahr 2026 bestehen bleiben. „Wir wollen etwas Nachhaltiges für die Zukunft schaffen, von dem alle Bürgerinnen und Bürger profitieren.“

Die Stadt Geestland wird voraussichtlich zwei autonome Busse kaufen, die auf der Strecke verkehren. Das Geld dafür – ein Exemplar kostet rund 400.000 Euro – fließt zu einem großen Teil aus dem Fördertopf des bundesweiten Modellprogramms Smart Cities, an dem Geestland seit 2021 teilnimmt.

Doch die Busse alleine machen noch keinen Verkehr – es braucht jemanden, der sie betreibt. Und hier kommen die Verkehrsunternehmen ins Spiel: „Wir können das Projekt nur gemeinsam mit den Konzessionsträgern im Teilnetz 5 realisieren“, erklärt Stadträtin Gabi Kasten. Umso größer ist die Freude darüber, dass die Unternehmen jetzt ihre Unterstützung signalisiert haben. „Damit haben wir eine weitere Hürde auf dem Weg zum autonomen Bus genommen.“

Im vergangenen Dezember hatte sich Gabi Kasten gemeinsam mit Ludwig Augenthaler vom Team Tiefbau auf den Weg nach Bad Birnbach gemacht, um sich ein Bild von der modernen Technik zu machen. In dem 5000-Einwohner-Ort im südlichen Niederbayern testet die Deutsche-Bahn-Tochter Regionalbus Ostbayern GmbH seit April 2017 den ersten fahrerlosen Bus Deutschlands. Das Fahrzeug benötigt keine zusätzliche Infrastruktur und wird lediglich durch GPS-Daten geleitet. „Bad Birnbach hat mit dem autonomen Bus sehr gute Erfahrungen gesammelt. Alleine im ersten Betriebsjahr wurden 20.000 Fahrgäste befördert“, erzählt Ludwig Augenthaler. Er ist optimistisch, dass das Konzept auch in Bad Bederkesa gut angenommen wird.

Der autonome Bus wird in Beers maximal 20 Kilometer pro Stunde fahren und voraussichtlich sechs Sitzplätze bieten. Auf seiner Strecke werden mehrere Haltestellen eingerichtet, an denen die Fahrgäste ein- und aussteigen können. Die Fahrzeit von der Moor-Therme bis zum Wendeplatz im Gewerbepark beträgt etwa 20 Minuten. Für die Orientierung benötigt der Bus auf der Strecke ein flächendeckendes 4G-Netz. Um das sicherzustellen, hat die Verwaltung bereits erste Gespräche mit dem Mobilfunkbetreiber Vodafone geführt. Außerdem ist es wichtig, dass es auf der Strecke so wenig Hindernisse wie möglich gibt. Damit sind zum Beispiel Äste auf der Straße gemeint.

Die Entwicklung und Zulassung von autonomen Fahrzeugen erfolgt in mehreren Ausbaustufen. Hochautomatisiertes Fahren (Level 3) ist auf deutschen Straßen nur unter Einschränkungen möglich. Das Auto kann selbstständig, das heißt ohne menschlichen Eingriff, fahren. Es braucht allerdings eine Person, die im Notfall eingreifen und das Steuer übernehmen kann. „Das wird auch bei unserem autonomen Bus der Fall sein“, sagt Ludwig Augenthaler. „So wie in Bad Birnbach wird immer ein sogenannter Operator an Bord sein, der mit einem kleinen Steuerknüppel an Hindernissen vorbeilenken kann.“

Perspektivisch will die Stadt Geestland aber auch das vollautomatisierte Fahren (Level 4) erproben. Derzeit gibt es noch keine Busse, die darauf ausgelegt sind. „Doch die Hersteller sind an dem Thema dran. Deshalb tendieren wir aktuell dazu, die Fahrzeuge zu leasen statt zu kaufen. Dann könnten wir direkt auf ein neues Modell umsteigen, sobald es verfügbar ist“, so Ludwig Augenthaler. Fahren soll der Bus über Tag – von 8 bis 20 Uhr. Nachts parkt er in einer Garage und wird wieder aufgeladen. Eine Akkuladung soll für 50 bis 60 Kilometer ausreichen. Die Garage mit Ladepunkt könnte auf dem Bauhof in Bad Bederkesa entstehen – in unmittelbarer Nähe zur Fahrtstrecke.

Ende 2024 soll der Bus offiziell in Betrieb gehen. Doch bis dahin muss die Stadt Geestland noch einige Hürden nehmen. Derzeit ist Ludwig Augenthaler mit der Ausschreibung der Planungsarbeiten für die Garage beschäftigt. In den kommenden Monaten will sich die Verwaltung auf die Suche nach einem Hersteller machen, der den autonomen Bus liefert. „Hier werden wir europaweit ausschreiben.“ Die Verwaltung hofft, bis Ende dieses Jahres eine Lieferzusage zu bekommen. Die ersten Testfahrten könnte der autonome Bus schon Mitte 2024 unternehmen.

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